

Ein gestern für mich skandalöser PRESSEBERICHT
Dieser Journalistin kann man nur beipflichten:


© PachT
Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Günter H. Hertel / Sonntag, 29.03.2020
„Quo vadis Kirche? Kirche in der Krise – im doppelten Sinne“.
Offener Brief an die Gemeindevertreter der Kirchgemeinden des Wilsdruffer Landes.
Liebe Mitglieder des Kirchenvorstandes der Kirchgemeinden des Wilsdruffer Landes,
sehr geehrte Herren Pfarrer, Vikar und alle hauptamtlichen Damen und Herren in unserem Kirchspiel.
Gestern spät Abend erhellte sich die St. Katharinen-Kirche in Kesselsdorf im Scheinwerferlicht so wie immer in den Nächten des Wochenendes. Heute früh pünktlich um 10 Uhr läuteten die Kirchenglocken ebenso wie immer. Beide Symbole, das visuelle und das akustische, habe ich diesmal mit besonderen Gefühlen aufgenommen. Zum einen deshalb, weil ich im Rahmen eines Projektes „Wohnen & Arbeiten auf Probe“ in Görlitz nicht nur die reizvolle Stadt, sondern vor allem in den letzten zwei Wochen die Grenzstadt im Ausnahmezustand studiert habe und die vielen fleißigen Bürger, die grenzüberschreitende Solidarität, die verantwortlichen Entscheider auf beiden Seiten der Neiße, die tagtägliche Menschenfreundlichkeit erleben und wo immer meine Dankbarkeit einbringen durfte. Einen meiner dazu verfassten Berichte stelle ich Ihnen/Euch gerne zur Verfügung.
Ihr/Sie werdet(n) lesen, dass weder Kirche noch ihre Vertreter als Alltagshelden in meinem Bericht vorkommen, nicht weil ich sie übersehen habe. Befürchtung macht sich breit. Meine Sorge zur Zukunft unserer Gesellschaft resultiert nicht in erster Linie vom Corona-Virus, das freilich, weil Ursprung, Ausbreitung, Wirkung, Therapie bisher nahezu unbekannt, eine kaum zu unterschätzende Gesundheitsgefahr darstellt. Meine Befürchtung resultiert vor allem aus einer Gegenwart, in der sich Kirche offenbar selbst nicht mehr als systemrelevant einschätzt.
Jetzt, nach Wiederkehr vom Projektaufenthalt, erlebe ich mit ambivalenten Gefühlen meine Kirche, fast sprachlos, fast im Nichts. Die von mir wahrgenommenen Signale sind Nothandlungen der Trauung zu Dritt, der Beerdigung im kleinsten Kreis, der Telefonangebote der Pfarrer, dem sonntäglichen virtuellen Gottesdienst, der nur – wenn überhaupt – von internetaffinen Menschen beigewohnt werden kann. Vielleicht gibt es mehr. Vielleicht „macht Kirche mehr“, vielleicht bin ich ungerecht.
Aber was ist denn der Auftrag der Kirche? Mehr noch als in „normalen“ Zeiten muss sie doch in der Krise präsent sein, ihren Auftrag im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes erfüllen? Ein Groß-Unternehmen, wie die Kirche, kann sich doch nicht hinter Corona-Mauern verkriechen! Andere lebenswichtige Bereiche wie Krankenhäuser, Arztpraxen, Pflegeheime, Lebensversorgung und Logistik, öffentlicher Verkehr, Verwaltung, Politik, Rundfunk und Fernsehen, Presse, Justiz, Polizei, Feuerwehr usf. kommen doch auch ihrem Auftrag nach. Sie konzentrieren sich auf ihr Kerngeschäft, wie der Wirtschaftsexperte sagt. Und sie tun es mit Energie, Verantwortungswahrnehmung, großen, z.T. bis an die physischen und mentalen Grenzen gehenden Kraftaufwendungen, wie ich es in GörlitZgorzelec, der Doppelstadt an der Neiße, beim Betreuen der vom grenzüberschreitenden Stau Geplagten mit Bewunderung sah. Und solche Menschen wachsen über sich hinaus, entwickeln eine erstaunliche Kreativität, um ihr Kerngeschäft in allergrößter Verantwortung zu erfüllen, nicht abwartend, was politisch „von oben“ kommt, sondern handelnd.
Was macht Kirche? Was sollte Kirche jetzt tun? Konzentriere sie sich auf ihr Kerngeschäft! Ostern steht vor der Tür, Martertot, Kreuz und Auferstehung, Glaube, Liebe und Hoffnung!
Ich erwarte unter Einhaltung größter hygienischer Vorkehrungen, dass am Ostersonntag, ein Auferstehungsgottesdienst in unserer größten Kirche des Wilsdruffer Landes stattfindet.
Mehr Kreativität als bisher dürfen wir gerne einbringen:
2020-03-29_Kirche-in-der-Krise_Offener-Brief_KS-Wilsdruffer-Land 1 von 2
2020-03-29_Kirche-in-der-Krise_Offener-Brief_KS-Wilsdruffer-Land 2 von 2
“In der NOT ist WENDIGKEIT
eine NOTWENDIGKEIT.“
[B. G.]